Multiples Myelom: Das sollte man wissen

Priv. Doz. Dr. Ella Willenbacher,
Oberärztin Univ.-Klinik für Innere Medizin Innsbruck, Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie

Priv. Doz. Dr. Wolfgang Willenbacher,
Oberarzt Univ.-Klinik für Innere Medizin Innsbruck, Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie

Das Multiple Myelom: Antworten auf die wichtigsten Fragen

Was ist das Multiple Myelom, welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es und was bedeutet die Diagnose für Betroffene? 
Priv. Doz.in Dr.in Ella Willenbacher, Oberärztin Univ.-Klinik für Innere Medizin Innsbruck, Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie und Priv. Doz. Dr. Wolfgang Willenbacher, Oberärzte an der Universitätsklinik für Innere Medizin Innsbruck, Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie, beantworten die wichtigsten Fragen zum Multiplen Myelom und zeigen, welche Fortschritte in der Therapie Betroffenen Hoffnung geben.

Themenblock 1: Wie kann sich das MM äußern? Welche Symptome können auf ein MM hindeuten?

  1. Welche Symptome könnten darauf hindeuten, dass jemand an einem Multiple Myelom (MM) leidet?
    • Es gibt eine Reihe von Symptomen, die auf ein MM hinweisen könnten. Zu den häufigsten gehören ein merklicher Leistungsknick, häufige Infektionen und Knochenschmerzen. Manchmal treten auch weniger typische Symptome wie Missempfindungen oder Nervenschmerzen auf.
  2.  Wäre es richtig zu sagen, dass diese Symptome nicht nur auf das Myelom hindeuten, sondern auch bei vielen anderen Erkrankungen auftreten können?
    • Leider sind viele der Symptome des MM unspezifisch, das heißt, sie können auch bei anderen Erkrankungen vorkommen. Ein Leistungsknick oder häufige Infektionen zum Beispiel sind nicht eindeutig auf ein Myelom zurückzuführen.
  3. Kommen die Symptome eines Myeloms eher schleichend oder plötzlich?
    • In den meisten Fällen entwickeln sich die Symptome eines MM schleichend. Das bedeutet, dass die Patienten über Monate oder Jahre hinweg Symptome wie zunehmende Erschöpfung oder Schmerzen bemerken.
  4. Kann es sein, dass jemand an einem MM leidet, ohne dass er irgendwelche Symptome hat?
    • Ja, das ist durchaus möglich. Besonders in den frühen Phasen oder bei  Vorliegen von Vorstufen eines Myeloms (sog. MGUS, oder Smoldering Myellom) gibt es oft keinerlei Symptome. Diese Frühformen erfordern in der Regel keine sofortige Behandlung, da nur ein kleiner Teil davon wirklich weiter fortschreiten würde.
  5. Wann sollte ich bei Verdacht auf ein MM einen Arzt aufsuchen?
    • Wenn jemand Symptome wie wiederkehrende Knochenschmerzen, immer wieder auftretende Infektionen oder ungewöhnliche Erschöpfung bemerkt, wäre es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Ein einfaches Blutbild, Nierenfunktionsparameter und spezielle Untersuchungen wie eine Eiweißelektrophorese,  und eine Meßung der freien Leichtketten, können erste Hinweise auf das Vorliegen eines Myeloms geben.
  6. Verändern sich die Symptome im Verlauf der Erkrankung?
    • Ja, die Symptome können sich im Verlauf der Krankheit ändern. Dies hängt unter anderem von der Wirksamkeit der Behandlung ab. Manche Patienten erleben in der Therapie Phasen der Besserung, aber auch Rückfälle.
  7. Kann das MM auch in jüngeren Jahren auftreten?
    • Ein Myelom tritt in der Regel eher bei älteren Menschen auf, meistens zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Es ist selten, aber nicht ausgeschlossen, dass das MM auch bei jüngeren Menschen ab dem 30ten Lebensjahr auftritt.
  8. Gibt es besondere Risikofaktoren?
    „Das Multiple Myelom ist eine komplexe Erkrankung, bei der verschiedene Risikofaktoren eine Rolle spielen können. Zunächst einmal ist das Alter der wichtigster Faktor, da das Myelom häufig bei Menschen ab 60 Jahren, bei einem Durchschnittsalter von etwa 70 Jahren , diagnostiziert wird. Männer sind zudem häufiger betroffen als Frauen. Auch ethnische Unterschiede spielen eine Rolle, denn Afroamerikaner haben ein signifikant höheres Risiko, an Multiplem Myelom zu erkranken, im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen.
    Ein weiterer wichtiger Risikofaktor ist die familiäre Vorbelastung. Menschen mit einer familiären Geschichte von Multiplem Myelom oder verwandten   Lymphomerkrankungen oder Amyloidose haben ein geringfügig höheres Risiko, selbst zu erkranken. Auch genetische Prädispositionen, wie bestimmte Chromosomenaberrationen, können das Risiko beeinflussen.
    Es gibt auch gesundheitliche Zustände, die das Risiko erhöhen, wie chronische Entzündungen oder Immunschwäche-Erkrankungen, z. B. HIV oder Autoimmunerkrankungen. Zu guter Letzt sind auch frühere Strahlentherapien eine potenzielle Ursache. Wer in der Vergangenheit Strahlung ausgesetzt war, etwa zur Behandlung eines anderen Krebses, hat ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Multiplen Myeloms.Diskutiert werden auch Lösungsmittel-, Benzol- und Pflanzenschutzmittelexposition als Risikofaktoren.

Themenblock 2: Wie läuft die Diagnostik beim MM ab?

  1. Zu welchem Arzt sollte man gehen, wenn man einen Verdacht auf ein MM hat?
    • Die erste Anlaufstelle sollte in der Regel der Hausarzt oder ein Internist sein, der den Verdacht durch grundlegende Untersuchungen wie Bluttests überprüfen kann. Wenn sich der Verdacht bestätigt, wird ein Hämatologe, also ein Facharzt für Bluterkrankungen, in die Behandlung eingebunden.
  2. Wie schnell kann man eine Diagnose erhalten? Ist der Diagnoseschritt einfach oder dauert er länger?
    • In vielen Fällen kann die Diagnose eines Myeloms innerhalb weniger Tage bis Wochen gestellt werden. Dies geschieht in der Regel durch Bluttests, Bildgebungsverfahren und eine Knochenmarkspunktion.
  3. Welche Tests und Untersuchungen sind erforderlich, um ein MM zu diagnostizieren?
    • Die Diagnose eines MM erfordert zunächst eine Reihe von Bluttests, um Auffälligkeiten in den Eiweißwerten zu erkennen. Eine Knochenmarkspunktion zur Analyse der Blutzellen ist dann der nächste Schritt, ebenso wie eine umfassende Bildgebung des Skeletts.
  4. Sind diese Untersuchungen schmerzhaft oder unangenehm?
    • Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRT sind in der Regel schmerzfrei. Eine Knochenmarkspunktion wird unter örtlicher Betäubung und oft auch unter leichter Sedierung durchgeführt, sodass der Eingriff normalerweise wenig schmerzhaft ist.
  5. Wie oft muss man sich während der laufenden Behandlung untersuchen lassen?
    • Das Kontrollintervall hängt von der Art und Intensität der Behandlung ab. In der Regel erfolgt eine Kontrolle alle drei Monate, um den Behandlungserfolg zu überprüfen.

Themenblock 3: Was gilt es über das Hochrisiko-MM zu wissen?

  1. Mein Arzt hat mir gesagt, dass ich an einem Hochrisiko-MM (HR-MM) leide, aber die Befunde enthalten viele Fachbegriffe und Zahlen, die ich nicht verstehe. Was bedeutet das genau?
    • Wenn von einem "HR-MM" gesprochen wird, bedeutet dies, dass bestimmte genetische oder molekulare Marker vorliegen, die auf einen aggressiveren Krankheitsverlaufhinweisen. Die Zahlen und Buchstaben auf dem Befund beziehen sich in der Regel auf diese spezifischen Marker, die den Verlauf der Erkrankung beeinflussen.?
  2. Was bedeutet es konkret, an einem Hochrisiko-MM zu leiden, und wie unterscheidet sich dies von einem „normalen“ MM?
    • Ein Hochrisiko-MM bedeutet, dass bestimmte genetische Veränderungen oder klinische Merkmale vorliegen, die mit einem schnelleren Krankheitsverlauf oder einem höheren Rückfallrisiko in Verbindung stehen. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Prognose schlechter ist, sondern es erfordert eine entsprechend intensivere und gezieltere Therapie.
  3. Wird sich meine Lebensqualität verschlechtern oder wird der Verlauf meiner Erkrankung durch das Hochrisiko-MM tatsächlich schlechter sein?
    • Ein HR-MM weist auf ein höheres Risiko für einen schnelleren Verlauf hin, aber die modernen Behandlungsmöglichkeiten haben sich enorm verbessert. Das bedeutet, dass Patienten auch mit einem Hochrisiko-MM oft sehr gut auf Therapie ansprechen können.
  4. Gibt es spezielle Therapien, die bei einem Hochrisiko-MM besonders wirksam sind?
    • Ja, es gibt moderne Therapiemethoden wie Immuntherapien, monoklonale- oder bispezifische Antikörper, die auch bei Hochrisiko-Myelomen sehr erfolgreich sein können. Auch Kombinationstherapien mit Medikamenten,  wie Proteasominhibitoren oder Immunmodulatoren werden häufig eingesetzt.

MAT-AT-2500109-V1.0-02/2025